
Einmal im Ruderhaus eines Motorseglers stehen und die
Hand auf das hölzerne Steuerrad legen. Dass die Schifffahrt
und das Leben an Bord früher nicht ganz so einfach
waren, sondern harte Knochenarbeit war, das zeigt sehr
anschaulich das Kehdinger Küstenschiffahrts-Museum – zum Anfassen
nah.
In einem alten Kornspeicher, geschützt hinterm Deich, stehen nun all
die Exponate, die sich nicht mehr den Herausforderungen von Ebbe
und Flut, von Stürmen und Sturmfluten stellen müssen. Zu sehen
sind ein Maschinenraum, eine Schiffszimmerei oder eine Werkstatt,
in der genietet wurde. Denn früher wurden die stählernen Schiffsteile
nicht geschweißt, sondern genietet. Auch am Schreibtisch mit einer
Seefunkanlage kann der Besucher Platz nehmen und sich im Morsen
üben. Währenddessen tönt über einen Lautsprecher der letzte Seewetterbericht
von Norddeichradio. Over and out: diese Zeiten sind
vorbei.
Im Obergeschoss zweigen von einem schmalen Gang sehr kleine
Räume ab: Eine Kombüse – hier wurde also gekocht, bei Wellengang
und Flaute. Ein alter Dampfdrucktopf von 1895 steht noch auf dem
Herd. Auf der Herdplatte wurde das Bügeleisen erhitzt. Denn zum
Landgang musste auch mal ein frisches Hemd aus dem Seesack
geholt werden. Eine kleine Durchreiche verbindet die Kombüse mit
der Messe. Hier wurde gegessen. Und wie es sich für Tische an Bord
gehört, hat auch dieser eine hohe Kante ringsherum, damit die Teller
auf der Fahrt nicht vom Tisch sausen. Der nächste kleine Raum ist
die Kammer. Ein Etagenbett, ein paar Pin-up-Girls an der Wand und
der Seesack in der Ecke.
Die Ausstellung zeigt, wie eng und bescheiden das Leben an Bord
war. Mit vielen Schiffsmodellen, darunter vielen Küstenmotorschiffen,
Fotos, Gemälden, Gerätschaften und Dokumenten wird die Geschichte
der Küstenschifffahrt hier festgehalten. Regelmäßig werden
Sonderausstellungen gezeigt. Seit 27 Jahren besteht dieses kleine
engagierte Museum, das Besucher aus ganz Deutschland und den
angrenzenden Ländern empfängt.
Die Fenster im ersten Stock geben den Blick auf den historischen
alten Wischhafener Hafen frei. Dort liegt das Küstenmotorschiff Iris-
Jörg, ein weiteres ehrgeiziges Projekt des Museums. Es wird zurzeit
Ein Museum
guckt über‘n
Deich
Im Kehdinger Küstenschiffahrts-
Museum wird Seefahrt lebendig
restauriert und soll später Fahrten auf der Elbe unternehmen. Und
was fehlt noch? Ein Leuchtturm! Der hat seinen Platz direkt neben
dem Museum. Es ist das alte Einfahrtsfeuer von Wischhafener-Sand,
das des Nachts leuchtet. Und dann steht da noch ein hölzerner Turm.
Mit dessen Hilfe wurden früher die kleinen Segler beladen und gelöscht
und die Waren, meist Getreide, rutschten wie von selbst über
eine Seilbahn in das Gebäude, in dem früher eine Mühle untergebracht
war.
In Kehdingen gibt es viele Kapitäne. Und wenn man Glück hat, trifft
man einen alten Seebären im Museum, der einem so allerhand erzählen
kann ...
OSTELANDMAGAZIN 2022 29
Foto: Kehdinger Küstenschifffahrtsmuseum
Geöffnet: von Ostern bis November
sonnabends, sonntags und an Feiertagen 10.00-12.00 Uhr und 13.00-18.00 Uhr
vom 1. Juni bis 30. September täglich geöffnet außer montags
Kehdinger Küstenschiffahrtsmuseum e.V.
Unterm Deich 7 · 21737 Wischhafen · Tel. 04753 842 111 · Fax 04753 842 184
E-Mail: info@kuestenschiffahrtsmuseum.de
Websites: www.kuestenschiffahrtsmuseum.de
www.iris-joerg.de