Rettungseinsatz am Kreidesee: Nach einem Tauchunfall am Sonntag wird ein 56-jähriger Taucher per Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach Sachsen-Anhalt gebracht. Foto: Lange
Rettungseinsatz am Kreidesee: Nach einem Tauchunfall am Sonntag wird ein 56-jähriger Taucher per Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach Sachsen-Anhalt gebracht. Foto: Lange
Paradies für Sporttaucher

Ein Jahr mit vielen Tauchunfällen im Kreidesee Hemmoor: Zahl der Einsätze gestiegen

von Tim Larschow | 28.07.2025

Ein weiterer Tauchunfall am Kreidesee in Hemmoor (Kreis Cuxhaven) endete für zwei Taucher mit teils schweren Verletzungen. Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Zahl der Rettungseinsätze ist 2025 deutlich gestiegen.

Der Kreidesee in Hemmoor zählt zu den beliebtesten Tauchspots Deutschlands - und zu den anspruchsvollsten. Faszinierende Unterwasserlandschaften, klare Sicht und große Tiefe locken jährlich Tausende Sporttaucher an. Doch was den Reiz ausmacht, birgt auch Gefahren. Am vergangenen Sonntag kam es erneut zu einem schwerwiegenden Zwischenfall - einer von mehreren in diesem Jahr.

So eindrucksvoll der See ist, so fordernd kann er auch sein. Experten weisen immer wieder darauf hin, dass nicht der See selbst das Risiko darstellt, sondern der Umgang mit der Tiefe und den technischen Herausforderungen. Wer im Kreidesee taucht, sollte gut ausgebildet und entsprechend ausgerüstet sein.

Nach Angaben der Polizei führte ein 56-jähriger Mann aus dem Landkreis Leer am Sonntag gegen 12.20 Uhr aus rund 24 Metern Tiefe einen unkontrollierten Notaufstieg durch und wurde dabei schwer verletzt. Dabei handelt es sich um einen schnellen, direkten Aufstieg zur Wasseroberfläche. "Seine 53-jährige Tauchpartnerin folgte ihm und verunfallte ebenfalls", teilte die Polizei mit. Der 56-Jährige soll gesundheitliche Probleme gehabt haben, weshalb beide aufgetaucht seien.

Dekompressionspausen seien bei dieser Tiefe zwar noch nicht erforderlich gewesen - der Aufstieg sei jedoch mit zu hoher Geschwindigkeit erfolgt. Der Mann wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik geflogen. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen per Rettungswagen ins nächstgelegene Krankenhaus gebracht.

Rettungseinsatz am Kreidesee: Nach einem Tauchunfall am Sonntag wurde ein 53-jähriger Taucher per Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach Sachsen-Anhalt gebracht. Foto: Jürgen Lange

Die Unfälle in diesem Jahr häufen sich 

Bereits Ende Juni kam es zu einem ähnlichen Vorfall: Eine 60-jährige Frau musste mit schweren Verletzungen in eine Klinik geflogen werden, nachdem sie es noch aus eigener Kraft ans Ufer geschafft hatte. Ihre drei Begleiter erlitten leichte Verletzungen. Auch in diesem Fall hatten die Taucher einen Notaufstieg aus etwa zehn Metern Tiefe eingeleitet.

Nur wenige Wochen zuvor, am Mittwoch, 21. Mai, starb ein 34-jähriger Taucher nach einem plötzlichen Notaufstieg. Und schon Ende April wurde ein 58-jähriger Taucher aus Belgien schwer verletzt aus dem Wasser geborgen. Auch hier ging die Polizei von einem Fehler beim Auftauchen aus.

Warum sich die Tauchunfälle in diesem Jahr häufen, ist bislang unklar. Der Kreidesee ist laut Betreiber der örtlichen Tauchbasis bis zu 60 Meter tief. Er gilt wegen seiner guten Sichtverhältnisse als beliebtes Ziel für Sporttaucher. Bei optimalen Bedingungen kann die Sichtweite unter Wasser bis zu 25 Meter betragen.

Im See befinden sich neben alten Anlagen aus der Zeit des Kreideabbaus auch versenkte Objekte wie ein Flugzeug, ein Lkw, mehrere Autos und Schiffe. Doch der See birgt auch Risiken - etwa durch Tiefenrausch oder Selbstüberschätzung.

Laut Polizeistatistik verunglückt im Schnitt etwa alle zwei Jahre ein Taucher tödlich. In diesem Jahr häufen sich die Unfälle. Foto: Jürgen Lange

Basisbetreiber Holger Schmoldt betont regelmäßig, dass die Sicherheitsvorgaben am Kreidesee über den nationalen und internationalen Standards lägen. Eine weitere Verschärfung würde seiner Einschätzung nach wenig bewirken. Nach einem tödlichen Unfall im Jahr 2022 sagte er: "Was wirklich nötig wäre, ist eine Verbesserung der internationalen Ausbildungsstandards."

Vergleichsweise wenige Todesfälle im Kreidesee

Dass der Kreidesee im Volksmund als "Todessee" bezeichnet wird, hält Schmoldt für unzutreffend. Laut seinen Angaben verunglückt im Schnitt etwa alle zwei Jahre ein Taucher tödlich. Weltweit sterbe statistisch gesehen einer von 10.000 Tauchern jährlich. Bei rund 35.000 Tauchgängen pro Jahr im Kreidesee müsste es demnach drei bis vier Todesfälle jährlich geben. Man liege somit weit unter dem Schnitt, wäre aber natürlich froh, wenn es überhaupt keine Unfälle gäbe, so Schmoldt. Auch Samtgemeindebürgermeister Jan Tiedemann betonte gegenüber unserem Medienhaus bereits: "Der Kreidesee ist ein professionell betriebener Tauchplatz mit strengen Sicherheitsvorgaben."

Trotz der auffälligen Häufung in diesem Jahr bleibt das Unfallrisiko im Kreidesee insgesamt niedrig - das belegen auch die Zahlen der vergangenen Jahre. Nach Angaben der Polizei gab es bislang sechs Tauchunfälle im laufenden Jahr; im gesamten Vorjahr waren es drei. Eine Langzeitstatistik zeigt: Seit 2015 kam es zu acht tödlichen Unfällen, 15 Schwerverletzten und zehn Leichtverletzten - bei über 300.000 Tauchgängen. Die Betreiber der Tauchbasis waren am Montag für eine Stellungnahme zum aktuellen Vorfall nicht erreichbar.

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Tim Larschow

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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