
Jeden Tag in die Geschichte eintauchen: Besuch bei der Stadtarchäologie in Cuxhaven
Ein spannender Fund löst auch bei den Profis der Stadtarchäologie in Cuxhaven immer noch Freude aus. Zum Beispiel, als Dr. Jan Steffens kürzlich dank der Auswertung von Laserscan-Daten ein bislang völlig unbekanntes Grabhügelfeld entdeckte.
Auch wenn im Stadtgebiet schon längere Zeit keine archäologische Grabungskampagne mehr stattgefunden hat: Für die Wissenschaft bleibt Cuxhaven ein Hotspot. Dr. Christina Wawrzinek und Dr. Jan Steffens haben unserer Redaktion berichtet, wie es mit der Stadtarchäologie steht, seit Vorgänger Andreas Wendowski-Schünemann Ende 2019 in den Ruhestand gegangen ist.
Inzwischen in der eigenen Heimatstadt aktiv
Dr. Christina Wawrzinek, Archäologin und Historikerin, leitet die Abteilung Museen und Stadtarchäologie; Archäologe Dr. Jan Steffens wechselte 2023 aus dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in seine Heimatstadt zurück, die auch aus beruflicher Sicht für ihn alles andere als unbekanntes Terrain war, nachdem er schon als Student Praktika in der hiesigen Stadtarchäologie absolviert und sich später bei der Erstellung des Niedersächsischen Denkmalatlas eingehend mit den Fundstätten im Stadtgebiet beschäftigt hatte.
Fundstücke erzählen über das Leben der Vorfahren
Wenn er in der archäologischen Sammlung in den Räumen über dem Museum Windstärke 10 im Hafen eine Schublade aufzieht, kommen Beile aus Feuerstein, verzierte Metallfibeln oder veritable Schwerter zutage, die über das Leben unserer Vorfahren an der Küste erzählen. Über Jahrzehnte wurden bei professionellen und weniger professionellen Grabungen unzählige Objekte, darunter sehr viele Urnen und Gebrauchskeramik aus verschiedenen Epochen, ans Licht gebracht. Viele Prunkstücke wanderten direkt in Museen in Hamburg oder Hannover.

Bestand wird erstmals digitalisiert
Jan Steffens, Beauftragter für die Sammlungsverwaltung beider Bereiche - Stadtarchäologie und Museum -, hat sich daran gemacht, die archäologischen Bestände zu inventarisieren und zu digitalisieren; eine Mammutaufgabe angesichts der Zahl von rund 700 Fundstellen im Stadtgebiet. Diese Zahl wächst laufend weiter. Jedes erfasste Stück wird parallel auf Restaurierungsbedarf untersucht. Klimaempfindliche Funde, vor allem aus Metall, werden seit kurzem in drei Depotschränken aufbewahrt, die Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen abfangen.
Diese Technik hat die Arbeit revolutioniert
Beim Aufspüren bislang unberührter Fundstätten hat die Verfügbarkeit von Laserscan-Daten die Arbeit geradezu revolutioniert. Insbesondere die Schummerungskarten (darin werden Erhebungen, Senken und Eingriffe in den Boden durch einen künstlich erzeugten Schattenwurf bis ins kleinste Detail sichtbar, wie auch im jüngsten Artikel über die Sondengänger beschrieben) halten Überraschungen bereit.
Vorgeschichtliche Ackerflächen und Grabhügel
Im vergangenen Jahr hat ein Projekt zum Aufspüren neuer Fundstätten in Cuxhaven begonnen. Plötzlich werden auf dem Bildschirm Spuren vorgeschichtlicher Ackerflächen (beginnend in der Bronzezeit), Hohlwege oder ein bislang völlig unbekanntes Grabhügelfeld sichtbar, das Jan Steffens dann im Gelände tatsächlich so vorgefunden hat.

Die Methode erleichtert die Arbeit der Stadtarchäologie erheblich, beispielsweise, wenn es um die Beurteilung und Freigabe von Planungs- und Baugebieten geht. "Sehr wichtig sind die Erkenntnisse auch für den Kampfmittelräumdienst", so Christina Wawrzinek und Jan Steffens.
Forschungsprojekte müssen im Moment von auswärts kommen
Für eigene Grabungs- und Forschungskampagnen fehle der Stadt zurzeit das Geld, doch der Kontakt zur Landes- und Kreisarchäologie und den Forschungseinrichtungen wie dem Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung (NIHK) in Wilhelmshaven sei eng, beteuern beide und freuen sich schon auf ein dort initiiertes Forschungsprojekt zu römischen Funden diesseits und jenseits der Elbe. Dafür sollen auch die zahlreichen Funde aus Cuxhaven neu betrachtet, gegebenenfalls sogar restauriert werden. Gute Hoffnung bestehe auch für die Fortsetzung der Forschungen im Umfeld des Ringwalls in Duhnen.

Auf die außerordentliche Bedeutung dieses bronzezeitlichen, etwa 3500 Jahre alten Areals weist seit Ende 2022 ein Hinweisschild hin. Christina Wawrzinek möchte diese Beschilderung gerne in anderen Stadtteilen fortsetzen.
Kostüme nach historischem Vorbild?
Zu den Aufgaben des Teams zählt auch die Begleitung und Anleitung der ehrenamtlichen Sondengänger. Nach einem Erstgespräch mit der Stadtarchäologin ist Jan Steffens deren erster Ansprechpartner, und das nicht von oben herab. Schließlich sei der Einsatz der Freiwilligen - sobald die rechtlichen Fragen geklärt seien - durchaus sinnvoll, um in bestimmten Gebieten erste Anhaltspunkte zu finden. Die Ausbildung der Sondengänger in Theorie und Praxis sei in Niedersachsen gut organisiert. Den Ansatz der Cuxhavener Sondengänger Ralf Braesch und Detlef Conrad, die derzeit auf die Suche nach früheren Anlegestellen am Geestrücken gehen, findet er sinnvoll und nachvollziehbar. Es gebe viele Hinweise, nur fehlten bislang die Belege für die Existenz und Lage der bislang unentdeckten Häfen.
Wo jedes Detail zählt
Manchmal erheben sich aus Anfragen zur archäologischen Sammlung auch kuriose Begegnungen: "Reenactment-Darsteller (diese spielen historische Ereignisse möglichst authentisch nach) wollten von uns schon mal wissen, ob ihre Kostüme auch wirklich ganz genau dem historischen Vorbild entsprechen."
