
Mögliche Lösungen für Cuxhavens "Hermine": Stadt ordnet Realisierungschancen ein
Die "Hermine", Cuxhavens stolzer Gaffelschoner, steht vor einer ungewissen Zukunft. Ein Pilzbefall und fehlende Mittel setzen dem Kulturschatz zu. Wird die Stadt eine Lösung finden, um das maritime Erbe für kommende Generationen zu bewahren?
Der letzte hölzerne Gaffelschoner seiner Art steht seit Jahrzehnten im Herzen Cuxhavens. Doch nach Masten-Amputation und Pilzbefall ist die Zukunft ungewiss. Ein exklusives Gespräch mit Cuxhavens Erstem Stadtrat Markus Itjen zeigt, wie schwierig die Suche nach einer Lösung ist.
Die blauen Klebekreuze leuchten schon von Weitem. Jedes ein Mahnmal, jedes ein Zeichen für eine Wunde im morschen Holz. Wer heute an der Hermine vorbeigeht, sieht nicht mehr das stolze Segelschiff aus alten Tagen, sondern einen Rumpf, der wie ein zerschossenes Denkmal wirkt.

Kurz vor Weihnachten 2023 mussten die Masten aus Sicherheitsgründen abgenommen werden - seither klafft eine Lücke im Stadtbild. Der Pilz im Holz hat ganze Arbeit geleistet. "Stark verpilzt und über Jahre zu wenig gepflegt", urteilt Gutachter Detlev Löll vom Ingenieurbüro in Peenemünde. Und doch: Noch ist nicht alles verloren.
Erster Stadtrat Markus Itjen: "Es ist unser Schiff"
Markus Itjen, Erster Stadtrat und Kämmerer, trägt die Verantwortung für die städtischen Liegenschaften - also auch für die Hermine. "Es ist unser Schiff. Es gehört der Stadt Cuxhaven, und ich bin verantwortlich für dieses Bauwerk", sagt er ohne Umschweife. Ganz untätig sei man nicht gewesen: "Durch eine Zwangsbelüftung konnten wir das Innere trocknen. Dem Pilz haben wir damit die Grundlage entzogen, sich weiter auszubreiten. Das sieht man von außen nicht - aber es war entscheidend."
Von einer Sanierung im großen Stil könne jedoch keine Rede sein. "Es gibt nicht die eine Maßnahme, die das Schiff 30 Jahre konserviert. Es wäre eine Daueraufgabe: immer wieder einzelne Hölzer austauschen."
Politik fordert Erhalt im Bauausschuss
In der Kommunalpolitik formiert sich Widerstand gegen ein mögliches Aus. CDU-Ratsherr Enak Ferlemann mahnte vor einigen Wochen: "Die Hermine darf nicht verfallen. Sie ist Teil unserer Identität." Ratskollege Gunnar Wegener stimmte zu. Auch aus der Bürgerschaft gibt es viele Stimmen, die das Schiff retten wollen - wenn nötig mit Spendenaktionen.

Doch im städtischen Haushalt gibt es keinen eigenen Posten für das maritime Denkmal. "Wir haben einen allgemeinen Unterhaltungsfonds für alle städtischen Gebäude. "Einen Extratitel nur für die Hermine gibt es nicht", erklärt Itjen. Das erschwert schnelle Entscheidungen.
Bildungsschiff oder Abschied?
Ein "Runder Tisch" im Rathaus brachte neue Impulse. Dabei saßen Vertreter möglicher Geldgeber, Stiftungen und das Institut für Erlebnispädagogik aus Lüneburg mit am Tisch. Professor Jörg Ziegenspeck sieht die Chance, aus der Hermine einen Lernort zu machen: "Jugendliche könnten hier maritime Geschichte begreifen und handwerkliche Fähigkeiten erlernen. Das wäre mehr als Denkmalschutz - das wäre gelebte Tradition."

Projektmanagerin Vera Hempel ergänzt: "Wir brauchen eine Vision, die über das bloße Erhalten hinausgeht. Das Schiff kann ein Ort für Bildung, Begegnung und Stadtgeschichte sein." Doch die Euphorie verpuffte schnell. Seit diesem Treffen herrscht wieder weitestgehend Funkstille. Markus Itjen: "Wir werten derzeit Vorschläge aus. Ein Treffen, um der Öffentlichkeit etwas zu präsentieren, ohne finanzierbare Optionen zu haben, wäre zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht."
Standortfrage ungelöst
Ein weiteres Problem: der Platz. Der jetzige Standort im Herzen der Stadt ist nach Itjens Aussagen denkmalpflegerisch heikel. "Das Holz ist ständig der Witterung ausgesetzt. In der Nähe stehen Bäume, deren Laub und Feuchtigkeit zusätzlich schaden", wird der Itjen im Gespräch mit unserem Medienhaus deutlich. Ein Umzug innerhalb der Stadt werde deshalb geprüft. Doch das ist kompliziert - rechnerisch, logistisch, finanziell. "Man müsste den Standort in ein Gesamtkonzept einbetten. Einfach versetzen - das geht nicht."

Zwischen Denkmal und Digital-Zwilling
Ein Vorschlag aus dem Runden Tisch: ein "digitaler Zwilling". "Wer heute zufällig an der Hermine vorbeigeht, erfährt nichts über ihre Geschichte. Das müssen wir ändern", so Markus Itjen. Ein 3D-Modell könnte künftig die Historie anschaulich machen - auch wenn das Original nur teilweise erhalten bleibt.
Andere Ideen klingen futuristischer: ein neuer, fahrtüchtiger Schoner für Jugendreisen als "Erbin" der Hermine. "Aus finanzieller Sicht völlig abwegig", winkt Itjen ab.
Entscheidung soll noch in diesem Jahr fallen
Bis wann fällt das Urteil? "Ich gehe davon aus, dass wir den internen Prüfungsprozess in diesem Jahr abschließen", kündigt Markus Itjen an. Er macht klar: "Wir spielen nicht Schwarzer Peter. Wir sind die Stadt Cuxhaven und verantwortlich für unser Eigentum."